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10 August

01.08.10  
Eine Hälfte des Filmteams von "DAS ROTE ZIMMER" am 13. Drehtag.

Ich fahre nochmal zum gestern gefundenen See in der stillgelegten Kiesgrube. Hier könnte Fred sein Lagerfeuer machen. Ich teste für Venus die Wassertiefe. Unmittelbar hinter der Sanddüne geht es steil hinunter.

Vom erhöhten Kiesgrubenrand kann man sehen, dass der potenzielle Lagerplatz von Fred auf einer Halbinsel liegt. Aus dieser Entfernung könnte ich sogar zeigen, wieVenus mit Fred schläft. Bevor ich weitere Überlegungen anstellen kann, fängt es an zu regnen.
02.08.10   Glücksgefühle beim Sehen der Muster vom Freitag. Die beiden Kussforschungsszenen im roten Zimmer sind, denke ich, die verrücktesten Szenen, die ich je gedreht habe.
03.08.10   Gestern abend nach Drehschluss findet Christian Kuss im Gras vor dem blauen Haus diese 1 Rubel-Münze und meint, dass bei unserem Film "DAS ROTE ZIMMER" der Rubel rollen wird.
04.08.10  
Seit Wochen beschäftigt sich unser Produktionsbüro mit dem Feuer von Max und Sibil auf einem Stück Ödland. Seit gestern abend haben wir endlich eine Genehmigung. Wie um diese zu beschwören, hat Nicoletta Drossa dieses Bild gezeichnet.

Katharina Lorenz am Abend des 14. Drehtags. Erschöpft.

Seyneb Saleh am gleichen Abend. Auch erschöpft.

Nach einem ganzen Tag mit strömendem Regen gestern abend ein erster Lichtblick am Himmel. Alle Wettervorhersagen versprechen Sonne. Zumindest ein bisschen davon.
05.08.10  
An diesem ungewöhnlichen Ort feiern wir das Bergfest für "DAS ROTE ZIMMER". Ich hoffe, der Film wird so ungewöhnlich wie das Bergfest. Wenn die Dreharbeiten weiter so laufen wie bisher, bestehen da Chancen.
06.08.10   In der FAZ vom 22. Juli schreibt Andreas Kilb im Zusammenhang mit Vera Tschechowas 70. Geburtstag: "Eine ihrer schönsten Figuren aus dieser Spätzeit ist die Charlotte in Rudolf Thomes Vierpersonenfilm „Tarot“ von 1985 nach Goethes „Wahlverwandschaften“. Vera Tschechowas spielt eine Drehbuchautorin, deren Mann, ein Regisseur, sich in seinen neuen weiblichen Star verliebt. Als sie erkennt, wie alles ausgehen wird, verschleiern sich ihre Augen vor Schmerz, aber sie bringt die Partie dennoch zu Ende. Diese Schicksalsergebenheit, die ihr im realen Leben völlig fremd war, hat sie anmutiger verkörpert als jede andere deutsche Schauspielerin der jüngeren Zeit." (den Hinweis verdanke ich einer Moana-Tagebuchleserin)
Heute Nachmittag um 15 Uhr läuft auf 3SAT "ROT UND BLAU", mein erster Film mit Hannelore Elsner.
09.08.10  

Gestern am drehfreien Tag ein Versuch aus der Welt meines Films "DAS ROTE ZIMMER" zu entfliehen. Ich habe mir "Inception" von Christopher Nolan angeschaut, ein hundertachtzig Millionen Dollar-Film der viele Filmkritiker begeistert hat. Mich leider gar nicht. Ich saß in meinem Kinosessel wie bei einer langweiligen Theateraufführung. Nirgendwo ein Weg, um in die Geschichte hineinzukommen. Nicht ein Hauch von Kino-Faszination. Nach eineinhalb Stunden sagte meine Freundin: "Ich verstehe nichts". Der Film dauerte nochmal eine Stunde. Ob es Zuschauer gibt, denen es bei meinen Filmen auch so geht?

Anna-Lena Haas wird bei den Dreharbeiten in Berlin die Set-Aufnahmeleitung verstärken.

Und ich komme endlich wieder auf meinen Bauernhof. Dieser schwer mit Renekloden beladene Baum wurde vom Sturm umgeknickt. Mein Garten ist eine Wildnis geworden. Ich werde zum Mähen keine Zeit haben, denn morgen und übermorgen drehen wir im Nachbardorf.

12.08.10   Beim Gießen meiner Pflanzen im Garten muss ich leider feststellen, dass der inzwischen zum Eldorado für Nacktschnecken geworden ist. Alle Hoffnungen, dass die lange Trockenheit ihnen nicht gefallen hat, lösen sich in Luft auf. Ich habe keine Zeit, sie einzusammeln. Ich kann nur eins machen, Filmedrehen oder Nackschnecken einsammeln. Hier ein besonders stattliches Exemplar.
13.08.10   Eilmeldung: Mitte nächster Woche erscheint das Thome-Buch "Formen der Liebe" im Schüren-Verlag. Es kann schon überall bestellt werden (in Buchhandlungen oder bei Amazon).
17.08.10   Heute bin ich mitten in der Nacht aufgewacht, schalte den Fernseher ein und sehe im ZDF merkwürdig gefilmte halbnackte und manchmal auch ganz nackte Mädchen. Um sie herum ein sehr, sehr junger Mann, der, da er Auto fährt, schon einen Führerschein haben muss, aber die feucht-pubertäre Austrahlung eines 14-jährigen hat. Zuerst denke ich, ganz und gar unschuldig, es ist ein Kleines Fernsehspiel. Die zeigen ja manchmal so experimentelle Sachen von Filmstudenten. Dann taucht plötzlich der Verdacht in mir auf, dass das der neue Film von Klaus Lemke sein muss. In der Süddeutschen Zeitung gab's vor ein paar Wochen eine ganze Seite über ihn, und da war auch von einem Film die Rede, der so ähnlich aussehen könnte. Eigentlich wollte ich bis zum Abspann durchhalten, um ganz sicher zu gehen. Aber der Schlaf war stärker. Im Internet sehe ich heute morgen: es war "Schmutziger Süden" von "Film-Legende" (ZDF) Klaus Lemke. Zwei Jahre lang, 1965 und 1966, waren wir beide dicke Freunde und beinahe Tag und Nacht zusammen, haben zusammen mit Max Zihlmann die Filme von Howard Hawks und Jean-Luc Godard bewundert und manchmal abends bei Jean-Marie Straub und Danièle Huillet Spaghetti mit Butter und Käse gegessen. Mir fällt jetzt auf, dass Klaus Lemke in dieser Zeit weder eine Freundin, noch ein Auto hatte. Aber in seinen zehn Kurzfilmen hatte er immer die tollsten Autoszenen.
18.08.10   Gerade erfahre ich am Telefon, dass das sagenumwobene Thome-Buch tatsächlich gedruckt und gebunden aus der Druckerei beim Verlag eingetroffen ist. Frau Dr. Schüren sagt, dass es "sehr schön aussieht". Am Freitagabend werde ich es mit zitternden Händen aufmachen. Falls bei der Post alles gut geht.
19.08.10   Ich unterziehe mich heute einer kleinen Operation. Angeregt durch einen Artikel im "Spiegel" in dieser Woche, hatte ich den Verdacht, dass es sich um ein Melanom handeln könnte. Der Hautarzt sagte nur trocken: Wenn es ein Melanom wäre, wären Sie jetzt tot. Ich werde also weiterleben.
Beim Arztbesuch parke ich vor meiner alten Wohnung in der Sybelstraße 35 und entdecke an der frisch gestrichenen Hauswand ein neu angebrachtes Schild.

Ich frage mich, ob ich auch mal sowas kriege. Aber nach meinem heute wieder in die Ferne gerückten Tod muss mich das eigentlich nicht weiter kümmern. Jetzt wird erst mal "DAS ROTE ZIMMER" zuende gedreht.
20.08.10  




Ich halte tatsächlich das Thomebuch in den Händen.
23.08.10   Cynthia Beatt schickt mir einen Link zu einem Artikel von Richard Brody im "The New Yorker": Talking About Truffaut. Da geht's darum, ob die ersten vier Truffaut-Filme persönlicher waren und die darauf folgenden kommerzieller wurden. Und auch um Truffauts Definition der "politique des auteurs".
Ich habe zusammen mit Dorle Fischer, der Tochter von Elfie Pertramer, im Sommer 1967 für eine von der Zeitschrift "Filmkritik" herausgegebene Buchreihe ein Filmprotokoll von "Tirez sur le Pianiste" gemacht und bei der vier Wochen dauernden Arbeit mit dem Film am Schneidetisch gemerkt, dass mir der Film nicht übermäßig gefällt. Meine Liebe galt damals und heute Godard und nicht Truffaut. Das war in der Musik genauso. Die Beatles waren Truffaut. Godard war die Rolling Stones.
Jean-Marie Straub hat von Truffaut für die Filmprotokoll-Buchrechte tausend Mark geschenkt bekommen, und sie mir dann weitergeschenkt. Das Geld floss in die Herstellung von "JANE ERSCHIESST JOHN, WEIL ER SIE MIT ANN BETRÜGT". Das Geld musste ich allerdings vom damaligen "Filmkritik"-Verlag erst eintreiben, und das hat eine ganze Weile gedauert. Wahrscheinlich hatte ich da schon mit dem Drehen von "DETEKTIVE" angefangen.
24.08.10  


Gestern Nacht, am vorletzten Drehtag, schaue ich reichlich grimmig während der letzten Einstellung auf den Monitor. Man sieht mir die Anstrengung der Dreharbeit an. Truffaut hat mal gesagt, jeder Film macht einen um zwei Jahre älter. Wenn er Recht hätte, wäre ich jetzt schon weit über 100 Jahre alt.
26.08.10  
Diese Bar in der Torstraße heißt "Muschi Obermaier". Hier fand gestern abend das Schlussfest von "DAS ROTE ZIMMER" statt. Der Code, mit dem jeder kostenlos Getränke bestellen konnte, hieß "Zungenkuss". Das war Serpil Turhans Idee.
Am 21. September um 23 Uhr läuft auf SWR "DU HAST GESAGT, DASS DU MICH LIEBST".

Peter Knaack und Katharina Lorenz schicken mir dieses Foto aus Lissabon.
27.08.10   Der neue Roman von Haruki Murakami "1Q84" erscheint in deutscher Übersetzung am 5. Oktober: Eintausendundvierundzwanzig Seiten.
28.08.10   Heute ist mein erster privater Tag. Mein Sohn Nicolai zeigt mir Fotos von den größten Fischen, die er in den letzten Monaten geangelt hat. Sie sind in der Tat riesengroß. Der größte so um die 25 bis 30 Kilo. Ich schenke ihm die Angel, die wir für den Film gekauft haben. Er sagt, dass die Angel ziemlich gut ist, aber voller Sand. Ich erkläre ihm, dass wir in einer Kiesgrube gedreht haben und dass da ganz viel Sand war. Wahrscheinlich haben wir beim Angeln im Film alles falsch gemacht. Da Fred im Film noch nie im Leben geangelt hat, ist das für die Glaubwürdigkeit der Filmszene kein Problem. Außerdem schenke ich seiner Mutter ein Thomebuch, dessen Artikel ich in meiner Freizeit so nach und nach lese. Ich könnte einzelne Artikel kommentieren, aber das würde dem Herausgeber sicher keine Freude machen. Ich bin ihm ja tatsächlich dankbar, dass er dieses Buch gemacht hat, obwohl wir gegen Ende unserer gemeinsamen Arbeit erhebliche Differenzen hatten. Jetzt jedenfalls ist das Buch da, und es ist schön geworden.
Am Nachmittag kocht meine Freundin für ihre beste Freundin ein Bio-Huhn, um uns miteinander bekannt zu machen. Das Huhn schmeckt gut. Wir sprechen über deutsche Politik - denn das ist ihr Beruf - und über das fehlende Charisma deutscher Politiker. Laura, die Tochter meiner Freundin, freut sich sichtlich auf das Essen.

30.08.10   Gerade lese ich auf Spiegel-Online den Wetter-Abschlussbericht zum Sommer 2010. Der regenreichste August seit Beginn der Aufzeichnungen. Sämtliche Filmgötter müsen auf meiner Seite gewesen sein, weil wir beim Drehen von "DAS ROTE ZIMMER" von allen Wetterextremen verschont worden sind. Nur eine einzige Szene musste ich statt bei Sonnenschein bei strömendem Regen drehen. Und das, denke ich, war auch gut für den Film. Weil sie anders ist, als sich ein Drehbuchautor das normalerweise ausdenkt. Diese Szene habe ich allerdings heute noch nicht geschnitten. Sie steht auch nicht im Drehbuch. Es ist die letzte Szene des Films.

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